Wenn sich bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft oder bebauten Grundstücken eine Rohertragsminderung ergeben hat, kann überprüft werden, ob ein Grundsteuer-Teilerlass in Frage kommt. Unter welchen Voraussetzungen dies möglich und wie dabei für das Kalenderjahr 2024 vorzugehen ist, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
Voraussetzungen für Grundsteuer-Teilerlass
Grundlage für den Grundsteuer-Teilerlass bis einschließlich 2024 bilden die §§ 33, 34 GrStG i. d. F. bis 31.12.2024:
- Es muss sich um einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder bebautes Grundstück handeln,
- bei dem der normale Rohertrag um mindestens 50% gemindert ist,
- wobei die Minderung des Rohertrags nicht durch den Steuerschuldner zu vertreten ist,
- der Steuerpflichtige einen Antrag bis zu dem auf den Erlasszeitraum folgenden 31. März stellt, und
- bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und eigengewerblichen genutzten bebauten Grundstücken die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre.
Normaler Rohertrag
Normaler Rohertrag ist nach § 33 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 und 2 GrStG i. d. F. bis 31.12.2024 bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der Rohertrag, der nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung gemeinhin und nachhaltig erzielbar wäre und bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresrohmiete. Bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken gilt nach § 33 Abs. 2 GrStG i. d. F. bis 31.12.2024 als Minderung des normalen Rohertrags die Minderung der Ausnutzung des Grundstücks.
Kein Vertretenmüssen der Ertragsminderung durch den Steuerschuldner
Der Steuerschuldner hat nach GrStR Abschn. 38 Abs. 2 die Minderung des normalen Rohertrags nicht zu vertreten, wenn die Umstände, die zu einer Minderung des Rohertrags führen, zwingend von außen in die Ertragslage des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft oder des bebauten Grundstücks eingegriffen haben und der Steuerschuldner auf ihren Eintritt oder Nichteintritt keinen Einfluss hat.
Für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft führt die Gesetzesbegründung zu § 33 GrStG a.F. (BT-Drs. VI/3418, 95) als Beispiel Ernteausfälle infolge von Naturereignissen wie
- Hochwasser, Dürre oder Hagel an, die die GrStR Abschn. 38 Abs. 3 S. 2 noch um
- Auswinterung, Viehseuchen, Eis, Schnee- und Windbruch, Windwurf, Erdbeben, Bergrutsch, Waldbrand und andere nicht abwendbare Ereignisse ähnlicher Art,
erweitern.
Demgegenüber sei nach GrStR Abschn. 38 Abs. 3 S. 3 f. die Nichtbewirtschaftung von Flächen durch den Steuerschuldner zu vertreten und somit kein Erlassgrund.
Bei bebauten Grundstücken nennt die Gesetzesbegründung zu § 33 GrStG a.F. (BT-Drs. VI/3418, 95) als Beispiel das Leerstehen von Wohnungen oder Geschäftsräumen infolge mangelnder Mieternachfrage für die betreffenden Objekte. Hinsichtlich des Leerstands ergänzen die GrStR Abschn. 38 Abs. 4 S. 1 f., dass sich der Steuerpflichtige um
- die Vermietung in ortsüblicher Weise bemüht haben muss und
- keine höhere als die marktgerechte Miete verlangt haben darf.
Ein Bemühen wird im Regelfall bei nachweisbarer Beauftragung eines Maklers sowie Schaltung von Zeitungsannoncen und Internetinseraten angenommen. Einen Mietausfall habe der Steuerpflichtige nach GrStR Abschn. 38 Abs. 4 S. 3 nicht zu vertreten, wenn der Nichterhalt der markgerecht vereinbarten Miete aus Gründen resultiert, auf die er keinen Einfluss hatte, beispielsweise die Zahlungsunfähigkeit des Mieters.
Darüber hinaus ist zu prüfen, ob auch Hochwasser, Blitzeinschläge oder Brände in Betracht gezogen werden können. Demgegenüber hat der Steuerschuldner nach GrStR Abschn. 38 Abs. 4 S. 4 bei Wohnungen, die von vornherein z.B. als Ferienwohnungen nur zeitweise vermietet werden können, die dadurch bedingte Minderung des Rohertrags selbst zu vertreten.
Sofern Mietern die Grundsteuer über die Nebenkostenabrechnung weiterbelastet wurde, steht die erlassene Grundsteuer im Regelfall den Mietern zu. Darüber hinaus verpflichtet das Wirtschaftlichkeitsgebot den Vermieter dazu, regelmäßig die dem Mieter in Rechnung gestellten Leistungen dahingehend zu überprüfen, ob sie dem Umfang nach rechtmäßig, notwendig und in ihrer Höhe angemessen sind – insoweit ist zu prüfen, ob Vermieter verpflichtet sein können, einen Grundsteuer-Erlassantrag zu stellen, vgl. analog AG Lichtenberg, Urteil vom 22.10.2010 – AZ 114 C 49/10.
Bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken definiert die Gesetzesbegründung zu § 33 GrStG a.F. (BT-Drs. VI/3418, 95) als Beispiel, dass der Steuerschuldner keine Möglichkeit zur Ausnutzung eigengewerblich genutzter Fabrikgrundstücke nach einer strukturell bedingten Aufgabe der bisherigen Produktion hatte. Die GrStR Abschn. 38 Abs. 4a S. 2 erweitern das Anwendungsgebiet auf strukturelle und konjunkturelle Entwicklungen, die den Steuerschuldner zwingen, den bisher auf dem Grundstück unterhaltenen Betrieb stillzulegen oder einzuschränken. Eine Minderung der Ausnutzung kann auch dann vorliegen, ohne dass ein Gebäude ganz oder teilweise leer steht; die Finanzverwaltung nennt beispielhaft Kurzarbeit, vgl. GrStR Abschn. 40 Abs. 5 S. 7 f.
Im Einzelfall sei nach Auffassung der Finanzverwaltung gem. AEBewGrStG A 34.3 Abs. 2 S. 7 ff. nach den besonderen Verhältnissen des Betriebs zu entscheiden, welche betriebswirtschaftlichen Merkmale als Anhaltspunkte für die Minderung der Auslastung geeignet sind; dies können beispielsweise bei Fabrikations-, Handwerks- und Handelsbetrieben
- die Arbeitsstunden,
- der Produktionsmitteleinsatz,
- der Produktionsausstoß,
- die Produktionsstunden,
- der Umsatz
oder andere ähnliche Merkmale sein.
Bei Hotels könne auf die Bettenbelegung oder ggf. den Umsatz abgestellt werden. Im Einzelfall könne auch eine Kombination mehrerer Merkmale in Betracht kommen. Allerdings fällt nach GrStR Abschn. 38 Abs. 4a S. 3 f. eine Minderung der Ausnutzung bei Neugründungen oder Kapazitätsausweitungen in der Regel in den Bereich des Unternehmerrisikos, sodass dies vom Unternehmer zu vertreten ist.

Antragserfordernis, -frist und -form bei Grundsteuer-Teilerlass
Der Grundsteuer-Erlass wird nach § 34 Abs. 2 GrStG i. d. F. bis 31.12.2024 nur auf Antrag gewährt und ist bis zu dem auf den Erlasszeitraum folgenden 31. März zu stellen.
Da die Frist für den Erlassantrag eine gesetzliche Frist ist, kann sie gemäß GrStR Abschn. 41 Abs. 2 nicht verlängert werden. Bei Fristversäumnis kann auf Antrag unter den Voraussetzungen des § 110 AO Widereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige unverschuldet verhindert war, den Antrag fristgerecht zu stellen.
Eine besondere Form sei nach dem Beschluss vom 20.06.2016 – 3 A 195/16 des OVG Bautzen für den Antrag nicht vorgeschrieben.
Zuständig für die Bearbeitung des Grundsteuer-Erlassantrags sind grundsätzlich die Steuerämter der Gemeinden; in den Stadtstaaten die Finanzämter.
Unbilligkeit der Einziehung bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft sowie eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken
Das Gesetz fordert nach § 33 Abs. 1 S. 3 GrStG i. d. F. bis 31.12.2024 bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft sowie eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken neben der Rohertragsminderung und dem fehlenden Vertretenmüssen zusätzlich, dass die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Die Rechtsprechung hat das Tatbestandsmerkmal Unbilligkeit dahingehend konkretisiert, dass die Einziehung der unverkürzten Grundsteuer nur dann unbillig sei, wenn das Gesamtunternehmen im Erlasszeitraum ein negatives Betriebsergebnis erzielt hat und die Position innerhalb des Aufwands von nicht nur geringfügigem Gewicht ist; vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.1982 – 8 C 50/81.
Rechtsfolge
Wenn die Voraussetzungen für den Grundsteuer-Teilerlass erfüllt sind, kann sich bei Antragstellung bis zum 31.03.2025 für das Kalenderjahr 2024 nach § 33 Abs. 1 S. 1 f. GrStG i. d. F. bis 31.12.2024 bei einer Rohertragsminderung
- von mehr als 50% ein Grundsteuer-Erlass i. H. v. 25%
- und bei einer Rohertragsminderung von 100% ein Erlass i. H. v. 50%
ergeben.
Berechnung der zu erlassenden Grundsteuer
Die Minderung des normalen Rohertrags ergibt sich bei bebauten Grundstücken gem. AEBewGrStG A 34.3 Abs. 1 aus der Differenz zwischen dem normalen Rohertrag zu Beginn des Erlasszeitraums und dem im Erlasszeitraum tatsächlich erzielten Rohertrags. Die Minderung ist in einem Prozentsatz festzustellen.

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Countdown für Grundsteuererlassanträge 2024
Disclaimer
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