Erklärungsrelevante Grundstücksänderungen mit Praxisbeispielen und Fristen

Sie erfahren, bei welchen Änderungsgründen eine Grundsteuer-Änderungserklärung abzugeben ist und erhalten konkrete Beispiele aus der Praxis und Fristen.

In unserem Blogbeitrag “Die Änderungserklärung ersetzt die Änderungsanzeige” haben wir Ihnen den Unterschied zwischen Hauptfeststellung, Änderungsanzeige und Änderungserklärung erläutert und gleichzeitig erklärt, wie Sie eine Änderungserklärung mit unserem Änderungsmanagement anlegen & übermitteln können.

In diesem Beitrag möchten wir auf die Gründe für eine Änderung eingehen und in diesem Zusammenhang auch Praxisbeispiele nennen. Was unterscheidet eine Nachfeststellung von einer Zurechnungs-, Art- oder Wertfortschreibung? Welche Ausnahmen gibt es in den einzelnen Bundesländern? Wie sind die Fristen für Änderungserklärungen?

Nachfeststellung

Eine Nachfeststellung ist die nachträgliche Feststellung des Grundsteuerwerts auf einen späteren Zeitpunkt als den Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.2022. Im Rahmen der Nachfeststellung wird erstmalig der Wert, die Art und die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit festgestellt. 

Der Grund, warum für diese wirtschaftliche Einheit keine Hauptfeststellung durchgeführt worden ist, ist dass sie entweder noch nicht bestanden hat oder zum Hauptfeststellungszeitpunkt von der Grundsteuer befreit war. 

Die Nachfeststellung ist nicht von einer Wertgrenze abhängig.

Praxisbeispiele:

  • Aufspaltung einer wirtschaftlichen Einheit: Wohnungs- oder Teileigentum wird neu begründet
  • Abspaltung einer wirtschaftlichen Einheit: von einem Grundstück wird eine Teilfläche veräußert oder abgetrennt und nicht mit einer bereits bestehenden wirtschaftlichen Einheit verbunden
  • Wechsel der Vermögensart: aus LuF-Vermögen wird Grundvermögen bzw. andersherum
  • Wegfall der Voraussetzungen für eine Grundsteuerbefreiung

Eine Zurechnungsfortschreibung ist durchzuführen, wenn sich die Eigentumsverhältnisse seit der letzten Feststellung verändert haben.

In der Regel werden die Finanzämter bereits vom Notar / Grundbuchamt über Änderungen am Eigentumsverhältnis informiert.

Nichtsdestotrotz ist es sinnvoll, diese Änderung dem Finanzamt anzuzeigen. Dies ist beispielsweise der Fall, falls es dem Finanzamt nicht gelingen sollte, die Zurechnungsfortschreibung rechtzeitig bis zum 1. Fälligkeitstermin der Grundsteuer am 15.02. zu erledigen und damit der bisherige Eigentümer “formalrechtlich” Steuerschuldner bleibt.

Praxisbeispiele:

  • Verkauf von Grundvermögen 
  • Übertragung von Grundvermögen durch Erbschaft 
  • Übertragung von Grundvermögen durch Schenkung 
  • Verwandlung von Alleineigentum in Miteigentum 
  • Veränderungen am Miteigentumsanteil 
  • Begründung wirtschaftlichen Eigentums

Eine Artfortschreibung ist durchzuführen, wenn sich die Art des Grundstücks seit der letzten Feststellung verändert hat.

Die alleinige Artfortschreibung ist nicht von einer Wertgrenze abhängig. 

Praxisbeispiel:

  • Wechsel der Art des Grundstücks:
    unbebautes Grundstück, Einfamilienhaus, Zweifamilienhaus, Mietwohngrundstück, Wohnungseigentum, Teileigentum, Geschäftsgrundstück, gemischt genutztes Grundstück, sonstiges bebautes Grundstück 

Eine Wertfortschreibung ist durchzuführen, wenn sich der Grundsteuerwert seit der letzten Feststellung verändert hat. 

Praxisbeispiele:

  • Flächenänderungen des Grundstücks
  • Flächenänderungen des Gebäudes durch z.B. Anbau, Aufstockung oder teilweisem Abriss, sofern die neu entstandenen Räume dem gleichen Zweck (Wohn- oder Nutzfläche) der bisherigen Räume dienen

 

Praxisbeispiele bezugnehmend auf LuF (Bundesmodell):

  • Flächenänderungen (Zu- oder Abnahme der Gesamtfläche des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft)
  • Änderungen von Flächen innerhalb eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft zwischen den Nutzungen, Nutzungsteilen und Nutzungsarten
  • Veränderungen bei den Bruttogrundflächen der in Anlage 31 und 32 zum BewG aufgeführten Wirtschaftsgebäude
  • Änderungen des Tierbestandes
  • Veränderungen bei den Ertrag steigernden Anlagen (z. B. Zunahme der Anbauflächen unter Glas und Kunststoffen sowie Änderung der Ausbauform im Weinbau, Bau einer Windenergieanlage) 

Eine Art- und Werfortschreibung ist durchzuführen, wenn sich gleichzeitig Veränderungen an der Art des Grundstücks und dem Grundsteuerwert seit der letzten Feststellung ergeben haben. 

Praxisbeispiele: 

  • Errichtung/Fertigstellung eines Gebäudes auf einem unbebauten Grundstück
  • Abriss oder Zerstörung eines Gebäudes

Das Prinzip der Art- und/oder Wertfortschreibung gibt es in allen Bundesländern, allerdings mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten und Wertgrenzen.

Bundesmodell:

Die Artfortschreibung ist nach § 222 Abs. 2 BewG durchzuführen, wenn sich die Art der wirtschaftlichen Einheit seit letzten Feststellung verändert hat und sie gleichzeitig von grundsteuerlicher Bedeutung ist. Die Wertfortschreibung ist nach § 222 Abs. 1 BewG durchzuführen, wenn sich seit der letzten Feststellung der auf volle 100 Euro abgerundete Grundsteuerwert um mehr als 15.000 € nach oben oder unten verändert hat. Die für die Wertfortschreibung bestehende Wertgrenze gilt auch für die kombinierte Art- und Wertfortschreibung.

Baden-Württemberg:

Das Landesgrundsteuergesetz in Baden-Württemberg orientiert sich hinsichtlich Begrifflichkeiten und Wertgrenzen weitestgehend am Bundesmodell – mit der Ausnahme, dass eine Änderung der Art des Grundstücks keine Artfortschreibung auslöst, da die Bebauung in diesem Bundesland keine Rolle spielt.

Bayern, Hamburg, Niedersachsen:

In diesen Ländern ist begrifflich die Rede von Betrags-, Wert- oder Flächenfortschreibungen. Eine Änderungsanzeige ist – unabhängig von einer Wertgrenze – immer abzugeben, wenn sich die Veränderung auf die Flächen oder die Äquivalenzbeträge (Bayern/Niedersachsen) bzw. den Grundsteuerwert (Hamburg) auswirkt. 

In Hessen werden die Nachfeststellung und sämtliche Fortschreibungen unter der Neuveranlagung zusammengefasst. Eine Betragsgrenze existiert nicht, sodass eine Neuveranlagung bei jeder Änderung durchzuführen ist, die sich auf die Höhe des Steuermessbetrags oder auf die Steuerschuldnerschaft auswirkt.

Feststellungsarten in der Übersicht

Die nachfolgende Abbildung zeigt den Zusammenhang der Feststellungsarten einschließlich der Änderungsgründe auf der Ebene der Grundsteuerwerte/Äquivalenzbeträge mit den Veranlagungstatbeständen auf Ebene der Grundsteuermessbeträge.

Übersicht Feststellungsarten

Quelle: Abbildung nachgestellt. Bräutigam, Rainer/Weber, Uli, Die Grundsteuerreform geht in die Verlängerung – Von Bescheiden, möglichen Einspruchsverfahren und Anzeigepflichten, in: DStR 2023, 739 – 746 (745)

Alle Fristen für Änderungserklärungen im Überblick

Um die Frist zur Abgabe der Änderungserklärung beim zuständigen Finanzamt nicht zu versäumen, finden Sie in der unten aufgeführten Tabelle alle wichtigen Stichtage. Zu beachten ist, dass diese davon abhängen, ob die eingetretene Änderung Einfluss auf den Grundsteuerwert oder den Grundsteuermessbetrag hat. Daher beträgt z. B. die Frist für Änderungen, die den Grundsteuerwert beeinflussen, nach dem Bundesmodell einen Monat und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben.  In den Ländermodellen Bayern, Hamburg und Niedersachsen sind die Anzeigen, wenn die Änderungen den Grundsteuermessbetrag beeinflussen, bis zum 31.03. des auf das Jahr der Änderung folgenden Jahres abzugeben.

GrundsteuerwertGrundsteuermessbetrag
Bundesmodell31.01. des Folgejahres3 Monate nach Eintritt der Änderungen
Baden-Württemberg31.01. des Folgejahres3 Monate nach Eintritt des Änderungen
Bayern/Hamburg/Niedersachsen 31.03. des Folgejahres31.03. des Folgejahres
Hessen-31.01. des Folgejahres bzw. 3 Monate nach Eintritt der Änderungen

Fristverlängerung für die Grundsteuer-Änderungsanzeigen 2022 und 2023 im Bundesmodell, Hessen, Niedersachsen und Bayern

Nach hiesigem Stand haben die Länder, die das Bundesmodell bei der Grundsteuer anwenden, Hessen, Niedersachsen und Bayern die Frist zur Abgabe der entsprechenden Grundsteuer-Änderungsanzeigen für die Feststellungszeitpunkte 01.01.2023 und 01.01.2024 auf den 31. Dezember 2024 verlängert. Insofern seien sowohl im Jahr 2022 als auch im Jahr 2023 eingetretene Änderungen erst bis Ende 2024 anzuzeigen.

Eine Ausnahme kann zu beachten und zu prüfen sein: Die Fristverlängerung gilt im Bundesmodell nicht für die Grundsteuer-Änderungsanzeigen i. S. d. § 19 GrStG – hiernach sind Änderungen in der Nutzung oder in den Eigentumsverhältnissen eines ganz oder teilweise von der Grundsteuer befreiten Steuergegenstandes, die zu einer Änderung oder zum Wegfall der Steuerbefreiung führen können innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Änderung anzuzeigen.

Während also im Bundesmodell die dreimonatige Frist für Änderungsanzeigen i. S. d. § 19 GrStG nicht verlängert wurde, verlängern Hessen, Niedersachsen und Bayern diese Frist zusätzlich:

  • Hessen für anzeigepflichtige Vorgänge, deren Frist vor dem 01.01.2025 endet, bis zum 31.12.2024
  • Niedersachsen und Bayern die Fristen vom 31.03.2023 und 31.03.2024 auf den 31.12.2024  

Quellen:

  • Bräutigam, Rainer/Weber, Uli, Die Grundsteuerreform geht in die Verlängerung – Von Bescheiden, möglichen Einspruchsverfahren und Anzeigepflichten, in: DStR 2023, 739 – 746.
  • Eichholz, Meik, Novellierung der Grundsteuer, in: DStR 2020, 1158 – 1167.
  • Geiger, Klaus, Grundsteuer Kommentar, 26. Auflage, Heidelberg 2023.
  • Krumm, Marcel/Paeßens, Petra, Grundsteuergesetz Kommentar, 1. Auflage, München 2022.
  • Rössler, Rudolf/Troll, Max (Begr.), Bewertungsgesetz Kommentar, 36. Ergänzungslieferung, München 2023.
  • Kreutziger, Stefan/Schaffner, Margit/Stephany, Ralf, Bewertungsgesetz Kommentar, 5. Auflage, München 2021. 
  • § 228 Abs. 2 BewG

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